Nette Lehrer – eine vom Aussterben bedrohte Spezies?

Es heißt ja immer, „nette Lehrer“ gäbe es nicht. Wer das behauptet, war offensichtlich seit der Erfindung des Kugelschreibers nicht mehr in der Schule. Nette Lehrer existieren! Sie sind nur seltener als WLAN im Altbau und tarnen sich hervorragend zwischen Kaffeetassen, Korrekturstapeln und nervlich bedenklich vibrierenden Rotstiften.

Ein netter Lehrer erkennt man nicht daran, dass er gute Noten gibt – nein, das wäre zu einfach. Ein wirklich netter Lehrer erkennt man daran, dass er schlechte Noten freundlich überbringt. Er lächelt dabei, sagt Dinge wie „Ich weiß, das kannst du besser!“ und drückt dir eine 4 minus in die Hand, als wäre es eine Einladung zur nächsten Party. Du gehst raus, halb enttäuscht, halb motiviert – und wunderst dich, warum du eigentlich gerade guten Gewissens durchgefallen bist.

Nette Lehrer riechen nach Kreide, Kaffee und Geduld. Sie sagen Sätze wie „Ich erkläre es gern noch einmal“, auch wenn sie es bereits 17-mal erklärt haben und innerlich längst die Flucht auf eine einsame Insel planen – ohne WLAN, aber mit Ruhe. Sie schaffen es, aus Mathe etwas zu machen, das entfernt an Logik erinnert, und sie lächeln sogar dann, wenn jemand in der dritten Reihe fragt: „Wofür brauch ich das später mal?“
Der Inbegriff des netten Lehrers ist übrigens der Musiklehrer. Er glaubt fest daran, dass jeder singen kann – selbst der, der klingt wie ein Staubsauger mit Asthma. Nette Lehrer hören das nicht als schief, sondern nennen es „individuelle Intonation“. Und wenn der Triangel-Spieler im Schulkonzert seinen Einsatz verpasst, sagt der nette Lehrer nicht „Katastrophe!“, sondern: „Das war künstlerisch interessant.“

Nette Lehrer sind auch die Einzigen, die wirklich zuhören. Sie merken, wenn jemand Sorgen hat, und fragen nicht „Wo ist deine Hausaufgabe?“, sondern „Alles okay bei dir?“. Und manchmal – ganz heimlich – drücken sie ein Auge zu. Oder zwei. Oder alle, die sie haben, inklusive der pädagogischen.
Aber wehe, man überschätzt ihre Gutmütigkeit. Hinter dem freundlichen Lächeln lauert oft eine pädagogische Ninja-Power. Sie sagen mit sanfter Stimme: „Ich bin enttäuscht.“ Und zack – man fühlt sich, als hätte man die Weltherrschaft der Enttäuschung persönlich heraufbeschworen. Kein Brüllen, keine Strafe – nur stille moralische Überlegenheit. Und die trifft härter als jede Fünf in Latein.

Also ja, nette Lehrer gibt es. Sie leben zwischen Tafel, Termindruck und Teenagerchaos. Sie retten den Schulalltag mit Humor, Herz und hoffnungsloser Idealismus-Resistenz. Und vielleicht, ganz vielleicht, sind sie der wahre Beweis dafür, dass Bildung nicht nur Wissen vermittelt, sondern Menschlichkeit.
Denn ein wirklich netter Lehrer schafft es, dass man sogar Montagmorgen um 8 Uhr lächelt – und das ist eine pädagogische Höchstleistung, die in keinem Lehrplan steht.